Rätselhafte Römer
Autor: Harry Lindelauf
Fotografie: Chantal Arntz
Dutzende Wissenschaftler, Satellitendaten, Bodenradar und hochintelligente Software zum Trotz: Es gelingt einfach nicht, einige der Rätsel zu lösen, die uns die Römer hinterlassen haben. Zum Beispiel der genaue Verlauf der Via Belgica, der Ort einer schmerzhaften Niederlage Caesars oder der wundersame Dodekaeder.
1. Das Rätsel der Via Belgica
Die Via Belgica ist in Südlimburg etwa 40 Kilometer lang. Davon wurden große Abschnitte wiedergefunden, insbesondere in Maastricht. Zwischen Daalhof und der Villa Kanjel an der Meerssenerweg kennen wir fast den gesamten Verlauf. Auch in Heerlen ist das Tracé bekannt: westlich verläuft die Via Belgica neben der heutigen Valkenburgerweg und führt Richtung Uilestraat, unter dem Rathaus hindurch in Richtung Putgraaf. Dort verlässt die römische Straße neben Huize De Berg das Caumerbeek-Tal in Richtung Landgraaf.
Verschwundene Straße
Das größte Rätsel ist, wie die Route vom Geul-Tal hinauf nach Klimmen verläuft. Und wie sie östlich von Klimmen hinunter nach Voerendaal führt. Ein weiteres Rätsel ist der Verlauf zwischen dem Kisselsbos bei Heerlen und dem Worm-Tal bei Rimburg. Karen Jeneson, Kuratorin des Thermenmuseums, hat den Abschnitt Valkenburg–Klimmen sogar mit intelligenter Software untersucht. Diese berechnet anhand von Höhenlinien und anderen Faktoren die am leichtesten anzulegende Route. Leider: Die Berechnungen liefern zwar Optionen, aber es gibt keinen greifbaren Beweis im Gelände. Und die Vorstellung, römische Straßen seien immer kerzengerade, erweist sich als Fehlannahme.
„Die Vorstellung, römische Straßen seien immer kerzengerade, erweist sich als Fehlannahme.“— Harry Lindelauf
2. Ein zwölfflächiges Rätsel
Dutzende Wissenschaftler weltweit haben in den vergangenen 300 Jahren über den Dodekaeder gerätselt: Objekte mit zwölf („dode“ im Griechischen) Flächen, wobei jede Fläche ein Fünfeck ist. In den vergangenen Jahrzehnten wurden zwischen Ungarn und England etwa 116 Dodekaeder gefunden. Doch wofür sie dienten, bleibt weiterhin ein großes Rätsel.
Besonderer Name
Die Dodekaeder sind außergewöhnliche Objekte: zwischen 4,5 und 8,5 Zentimeter groß, mit winzigen Kügelchen an den Ecken. Sie sind aus Bronze gegossen, wobei ein Exemplar aus Silber bekannt ist. Das Gießen eines Dodekaeders ist ein kunstvolles und zeitaufwendiges Stück Handwerk. Wofür die Römer sie verwendeten, konnte bislang niemand nachweisen.
Entsprechend wimmelt es von Ideen und Versuchen. Eine Auswahl: Man könnte damit das Aussaatdatum für Getreide anhand der Sternposition bestimmen. Das Militär könnte damit Entfernungen messen. Aus kreativer Ecke kommt der Vorschlag, sie seien zum Stricken von Handschuhen benutzt worden. Das scheint tatsächlich zu funktionieren – aber wegen der kleinen Größe der Dodekaeder werden es Handschuhe für Babyhände…
3. Eine Niederlage im Jekertal?
Während seines Feldzugs durch unsere Region erleidet Julius Caesars Heer eine blutige Niederlage. Die Eburonen schlagen eine ganze Legion von 5.000 Mann. Aber wo genau geschieht das? In der Nähe von Limbourg in der Voerregion? Oder näher bei uns, im Jekertal?
„Freundschaftsdienst“
Der Historiker Tom Buijtendorp entscheidet sich für das Jekertal. In seinem Buch Caesar in den Niederlanden weist er auf die Befestigung von Caestert hin, ein Lager, das durch die Landschaft leicht zu verteidigen war. Seiner Ansicht nach schlägt hier im Jahr 54 v. Chr. die Vierzehnte Legion ihr Lager auf, und die Eburonen verdanken ihren Sieg einer geschickten List. Eine Delegation des Stammes warnt die Römer — als „Freundschaftsdienst“ — vor einem angeblich herannahenden großen Heer feindlicher Stämme. Die Römer wollen Schutz bei der Hauptmacht suchen und ziehen in einer langen Kolonne ins Jekertal.
Als die Vorhut einen engen Abschnitt des Tals erreicht, greifen die Eburonen aus den Wäldern am Hang an. Die Römer sind überrascht und durch einen Wagenkonvoi getrennt. Caesar ist nicht anwesend, was ebenfalls eine Rolle spielen mag. Für Buijtendorps Darstellung gibt es keine harten Beweise. Auch steht nicht fest, dass Caestert ein römisches Lager war. Es könnte auch von den Eburonen genutzt worden sein. So bleibt der genaue Ort des eburonischen Sieges über die Römer ein Rätsel.
„Für Buijtendorps Darstellung gibt es keine harten Beweise. So bleibt der genaue Ort des eburonischen Sieges über die Römer ein Rätsel.“— Harry Lindelauf